TRANS FAIR
Luxor, 06-12-08
Ehe wir die fähre um 16.00 uhr von Sharm nach Hurghada nehmen, schwimmen wir noch mal im Roten Meer. Ein passender abschluss des Sinai-aufenthats vor unserer wüstentour.
Das ehemals norwegische schiff ist schon ziemlich betagt, aber voll ausgebucht trotz der immerhin mehr als 30 €, die ein ticket kostet. Wir dürfen mit unseren rädern als letzte an bord, bekommen deshalb auch die letzten sitzplätze.
Markus kann schiffsfahrten nicht gut vertragen. Ihm wird auch jetzt unwohl. Er will seine ruhe haben. Ich sortiere während der überfahrt fotos auf meinem pc.
Nach zweieinhalb stunden legen wir im hafen von Hurghada an, dürfen aber erst nach einer halbstündigen, völlig willkürlichen, von der polizei überwachten wartezeit das hafengelände verlassen.
Hurghada hab ich mir als touristen-hochburg voller feiner hotels vorgestellt. Doch wir passieren nur dunkle straßen mit kleinen betrieben und läden auf den bürgersteigen zwischen hafen und busbahnhof. Mit den oft unbeleuchteten autos und mopeds schlängeln wir uns um wartende menschentrauben, tiefe schlaglöcher und stinkende abfälle.
Busterminal ist ein völlig unzutreffender begriff für den tumultösen platz, auf dem gleichzeitig nur fünf oder sechs busse auf ihre abfahrt warten. Aber hunderte drängeln laut rufend um mitfahrgelegenheiten, schleppen mit schweren koffern und riesigen paketen, bieten waren feil, warten auf dem boden schlafend oder rauchen ihre wasserpfeife. Zwischen all den menschen rasen laut hupend autos und mopeds hindurch. Jedesmal kurz bevor ein bus einrollt, entsteht eine beängstigende hektik. Niemand weiß, wohin der bus fahren wird und ob er noch plätze frei hat. Alle ringen um informationen und fahrkarten, die die allmächtigen busfahrer denen verkaufen, die am meisten zahlen.
Diese chaos nutzen schleimige ’schlepper‘ aus, um touristen zu überhöhten preisen in private sammeltaxen zu ziehen. Seit neun uhr schleicht schon ein junger gegelter taxi-vermittler um uns herum. Für insgesamt 800 LE will er uns mit den rädern nach luxor transportieren. Ein Bus, der uns mitnähme, meint er, käme heute nicht mehr.
An einem infostand meint wieder einer, der bus nach Luxor würde um 21.30 uhr fahren. Immer wieder kommen auch busse. Aber keiner mit dem ziel Luxor. Darüber bin ich manchmal heilfroh angesichts der technischen und optischen mängel, die ich selbst in der dunkelheit an manchen bussen ausmache. Wir warten bis etwa 0.00 uhr. Dann rollt ein voll besetzter bus ein. Alle drängeln. Luxor!, ruft der fahrer. Wir quetschen uns mit den rädern vor zum bus. Die anderen zusteiger verstauen schon ihr gepäck. Als ich eigenmächtig die klappen der gepäckräume auf der fahrerseite öffne, brüllt mich der busfahrer an: No! No! Luxor! und schlägt die klappen vor meiner nase wieder zu. Damit haben wir keine chance mehr. Wir hätten ihm halt zuerst das geld zustecken sollen. Aber der gepäckraum ist ohnehin proppenvoll.
Jetzt hat der geschniegelte taxi-anbieter oberwasser. Er schlägt um 100 pfund auf pro person. Zwei Berliner, die auch schon die halbe nacht warten, gehen gegen ein uhr auf sein angebot ein. Wir bleiben standhaft, obwohl unsere zuversicht stark sinkt. Max schaut sich schon mal nach einem schlafplatz um, findet aber nichts gescheites.
Gegen halb drei wieder aufregung. Tatsächlich fährt noch ein bus auf den platz. Luxor!, hören wir. Eine recht große mädchengruppe mit viel gepäck steigt aus. Dadurch können wir wirklich mit. Max will es kaum glauben. Bevor wir zu verstauen anfangen, zahlen wir den klar überhöhten fahrpreis von 100 pfund. Doch wir sind froh, überhaupt noch weg zu kommen.
Nachdem ich im bus zunächst meinen zorn über einen ständig seine rotze in den fußraum spukenden beduinen bezwungen habe, schlafe ich ein. Nach einem ’sanitären‘ zwischenstopp, bei dem ich aber irgendwo draußen in den sand pinkele, statt mich in einer warteschlange anzustellen, um in ein stinkendes verdrecktes loch im boden zu urinieren. Kurz nach acht müssen wir vier km vor Luxor aussteigen. Endstation. Wieso wir nicht bis Luxor fahren, bleibt uns ein rätsel. Doch endlich an der frischen morgenluft freuen wir uns über die paar radkilometer. Sowieso lieben wir es in eine bekannte Stadt einzuradeln. Das gibt uns immer wieder einen kick.
Beim bepacken der räder und auf dem weg ins zentrum belästigen uns schon gleich die ersten verkäufer: „Welcome to Luxor!“, hören wir von allen seiten. Alle wollen uns irgenwas andrehen: tee, kaffee oder frühstück, hotel, guide, nilfahrt mit einer falucca, fähre auf die andere nilseite, busfahrt nach Assuan, flug nach Kairo, souvenirs, beduinenschals, irgendeinen pharaonenkitsch. Wir können uns der angebote kaum erwehren. Aber brot, käse, wasser und obst suchen wir hier draußen vergebens. Also nehmen wir vorlieb mit einem kaffee vor einer dörflichen bude an einem Nil-nebenarm.
Um uns herum zwei jungs die uns bedienen, eine menge kinder, esel, eine kuh, reichlich abfälle und ein freundlicher raffinierter alter, der mehr englisch spricht als die anderen. Er erklärt uns den weg zu den tempeln, fragt nach unseren plänen, will unbedingt händeschüttelnd mit uns fotografiert werden. Zum abschluss hält er fordernd die hand auf und lässt sich selbstverständlich von uns seinen tee bezahlen.
Erst schauen wir uns den Luxor tempel an, dann die tempelanlage in Karnak. Jo hat recht. Diese orte darf man sich nicht entgehen lassen, wenn man schon in Ägypten ist.
Mit dem Bob Marley house finden wir ein originelles, gleichzeitig ordentliches traveller hotel. So ganz passen wir aber nicht hierher. Als nichtraucher verschmähen wir das an der hotelrezeption angebotene haschisch und ernten dafür ein gleichgültiges achselzucken.
Nachmittags suchen wir beim tourist office, im bahnhof und am taxistand eine möglichkeit nach EL Kargha an den beginn der „western desert“ gebracht zu werden. Weder eine direkte bahn- noch eine durchgehende busverbindung bestehen. Unter 300 Pfund ist ein taxi nicht zu kriegen. Wir verhandeln lange mehrmals mit verschiedenen fahrern. Schließlich einigen wir uns. Morgen mittag werden wir in einem neuen Hunday in angeblich drei stunden in die wüste gebracht. Zum geselligen abschluss unserer Luxor-visite kaufen wir dann noch bei Viktor Anton, dem orthodoxen getraenkehaendler, ein. Es sind unsere letzten biere fuer mindestens neun Tage.
So neu ist das taxi nicht, das uns am nikolaustag verspätet abholt. Vor allem aber viel zu klein. Die räder fasst es nur mit geöffnetem kofferraumdeckel. Wir verstauen sie so schonend wie möglich, machen uns dennoch sorgen um ihren unbeschadeten transport.
Schon bald spüren wir, dass unser fahrer, die strecke noch nie gefahren ist. Dennoch fährt er halsbecherisch. Er schneidet alle kurven, auch wenn sie für ihn nicht einzusehen sind. Kilometerlang wählt er die linke fahrspur, anscheinend weil da der belag etwas besser ist. Markus und ich bitten ihn mehrmals langsamer über unebenheiten und schlaglöcher zu fahren. Aber das ändert nur kurzzeitig seine fahrweise.
Plötzlich schleudert der wagen hin und her. Der fahrer kann ihn aber rasch kontrolliert stoppen. Der rechte hinterreifen ist geplatzt. Natürlich müssen unsere räder komplett ausgeladen werden, um ans reserverad zu gelangen. Als wir den ersatzreifen sehen, wird uns mulmig. Der hat überhaupt kein profil mehr.
Nach dem radwechsel fährt Tarek – wir sind jetzt zu ‚my friends‘ avanciert und mkennen seinen vornamen – etwas langsamer. Aber auch nach einbruch der dunkelheit immer noch viel zu schnell in den kurven.
Insgesamt fahren wir 260 km. Um halb neun kommen wir in El Kargha an. Als ich die vereinbarten 300 LE zahle, fängt Tarek an zu betteln. Schließlich weint er dicke tränen. Mir ist seine show peinlich. Ich geb ihm noch 15 LE, damit ich ihn los werde. Friends nennt er uns nicht mehr. Max ist mir nicht böse deswegen, verärgert. Er lehnt es grundsätzlich ab, über den ausgehandelten preis hinaus noch was zu zahlen.
Von der oase sehen wir nix mehr an diesem abend. Ein ordentliches restaurant finden wir auch nicht. Falafel essen wir an einer bude. Bier kriegen wieder keins. In dem unsauberen hotel streunen katzen umher, durchstöbern die abfalleimer nach fressbarem. Im bad auf dem flur stinkt die toilette so sehr, dass ich es in der nacht vorziehe ins ohnehin nicht saubere waschbecken zu pinkeln.
Vor dem start in die wüste wollen wir eigentlich nochmal duschen und uns rasieren. Aber dieses bad ist uns auch am nächsten morgen nicht sauber genug. Starten wir eben ungeduscht. Daran müssen wir uns ohnehin wieder gewöhnen.