LEBEN EINANDER

Am nächsten morgen radle ich nach Mostar, meinem eigentlichen ziel dieses zweitägigen abstechers. Abstecher ist unpassend für die schinderei auf den nächsten 70 km.Es geht fast immer bergauf. Auch heute nie steiler als 8%. Aber viele lange km in ungeschützt sonniger lage bei temperaturen von fast 40 grad. In Mostar ist es um 16.50 uhr noch 38,5 grad im schatten.

Die stadt ist schon ewas besonderes. Die moslemisch ausgerichtete altstadt erinnert stark an die Türkei. Von mehreren minaretten ruft um 17.00 uhr der imam – per tonband – zum gebet.

Der touri-rummel in der altstadt ist unerträglich. Unweit der alten brücke, finde ich nach den obligatorischen fotos eine angenehme pension im moslemischen teil mit einem freundlichen jungen ‚keeper‘, der mir auch noch einen internet-zugang verschafft für eine mark pro halber stunde.

‚Mark‘ heißt die währung in Bosnien und Herzegowina. Und sie entspricht auch im wert etwa unserer alten D-mark: 1 € = 1,92 KM so die abkürzung.

Die zerstörungen, die der krieg trotz aller aufbauarbeiten hinter lassen hat, erschrecken mich. Mit diesem ausmaß an trümmern habe ich nicht mehr gerechnet. Irgendwie werde ich den gedanken nicht los, dass einige ruinen bewusst stehen gelassen werden, um stimmung zu erzeugen oder auch um nicht zu vergessen. Irgendwo lese ich auf einem plakat: Don’t forget ’93. Mahnung oder revanchismus?

Im anderen stadtteil finde ich die fast provokant auffälligen christlichen kirchen und kreuze – vor allem das riesige auf dem berg vor der stadt – unzumutbar für die muslime. Aber um das einzuschäzen, muss man wohl mehr über den historischen hintergrund wissen. Viemehr spüre ich, dass die Herzegowiner mit dem leben in ihrer stadt, ihrem land zur zeit zufrieden sind. Nicht allen geht es gut. Vor allem im winter haben sie zu wenig einkommen, weil die touristen weg bleiben. Doch in allen gesprächen höre ich ihren stolz heraus: auf ihr schönes land, die historische stadt, auf ihr temperament und ihre lebensfreude, auf ihr tolles wasser, auf ihre noch günstigen preise, auf ihren wiederaufbau, auf das, was sie nach dem krieg auch interkulturell erreicht haben. Sie leben neben einander – christen und mosleme miteiander. Sie leben im frieden.