LAR I FAHR

Lar, 19. 02. 2009

 

Mit einem prachtexemplar eines typisch iranisch aufgemöbelten mercedes busses darf ich morgens um 9 von Bander Abbas zurück nach Lar. 34 Jahre alt ist das gute stück. Motor und karosserie sind noch original, sagt der ketten rauchende fahrermir. Auch die sitze. Aber sie sind mit orientteppichen abgedeckt. Überall püpchen, aufkleber, embleme und figürchen. Ich weiß nicht, wie der fahrer bei dem ganzen gebimmele überhaupt noch was sieht.

Erst nach halb zehn ist ihm der bus voll genug. Dennoch verspricht er mir, um eins in Lar zu sein. Komme ich nach zwei zur polizei, ist der posten in Lar zu. Donnerstag nachmittag ist schon wochenende. Mein rad kriege ich dann erst am samstag morgen.

Bis zur letzten polizeikontrolle läuft es gut. Gleich mehrere uniformierte durchsuchen den bus. Ein polizist klettert gar aufs busdach, ein anderer öffnet die gepäckräume. Eine frau, die gleich zu weinen beginnt, wird raus gebeten auf die wache. Andere befreundete oder verwandte frauen wollen sich einmischen. Bis der fahrer sie anraunzt. Ich verstehe überhaupt nicht, was eigentlich los ist, Nur merke ich, dass der anscheinend erfahrene busfahrer, das problem auf seine weise regeln will. Die frauen lassen ihn gewähren. Ich sehe, dass der fahrer mit dem polizisten im weißen hemd zur benachbarten ambulance geht. Im bus herrscht jetzt eine verängstigte stille. Nach etwa 15 minuten kommt zuerst die frau aus der wache wieder. Dann der fahrer. Wir rollen weiter. Der fahrer bittet nach wenigen kilometern, in denen das alllgemeine gemurmel wiede einsetzt, die frau zu sich, die sich gegenüber den polizisten am lautesten geäußert hat. Er flüstert mit ihr. Dann nimmt er geld von ihr.

Der aufenthalt dauert fast eine stunde. Also komme ich an den verschlossenen polizeposten in Lar. Zum glück habe ich aber die nummer von herrn Samani, der so gut deutsch spricht. In seiner freizeit mit seinem privatauto kommt er und schließt mir den schuppen auf, aus dem ich mein rad nehmen kann.

Wir reden noch ein bisschen über den Iran und über Deutschland, tauschen die E-mail adressen. Dann hat er endlich wochenende und ich einen tipp für eine günstige unterkunft. Denn heute fahre ich nicht mehr hinter Max her.

Auf dem weg zum ‚tourist inn‘ halten mindestens 10 autofahrer an. Zig passanten oder händler und handwerker rufen mir was zu, bitten mich stehen zu bleiben. Immer wieder die gleiche freundlichkeit, das gleiche interesse. Alle wollen mir helfen. Ganz hartnäckig und wegen ihres guten english wirklich hilfreich bei der zimmervermietung und bei der busreservierung für morgen – wenn ich max einholen will – sind Adnan und Eznan. Zwei ungleiche freunde mit dem gleichen hobby. Sie jagen. Aber sie sind auch sehr an Europa interessiert und an kontakten mit ausländern allgemein. Eznan will unbedingt französisch lernen und Frankreich besuchen. Sie laden mich ein, mir Lar zu zeigen. Ich bitte sie, mir etwas zeit zu geben, um mich frisch machen zu können. Um sieben wollen sie wieder kommen. Ich liege nach der dusche grad mal ne minute auf dem bett, da klopft Pourya – ein hüne mit nem sonoren bass und so weit ausholender gestik, dass ich mehrmals fürchte, von ihm geschlagen zu werden. Er hat mich auf dem rad gesehen. Die radreise eines europäischen älteren mannes durch den Iran beeindruckt ihn sehr. Diesen menschen muss er sprechen. Dass ich um sieben bereits eine verabredung habe, lässt ihn kalt. Er wird sich der stadtführung anschließen, meint er und denkt, dass er noch was dazu beitragen kann, weil er nämlich ausgebildeter ‚guide‘ sei.

Hunger hab ich erst mal. Pourya führt mich zu einem ihm bekannten lokal. Dort brauchen ober und köche so lange, um mir ein paar lammfleischspieße mit salat und pommes zu servieren, dass ich Adnan und Eznan bitten muss, hier hin zu kommen. Zum glück haben sie mir ihre nummer gegeben.

Zu viert bummeln wir durch die karawanserei, den bazar und zur moschee, trinken noch einen tee  Dabei werde ich immer wieder von passanten angesprochen. Nach und nach werde ich es leid, immer wieder das gleiche erzählen zu müssen.

Bis halb elf – da ist sonst kaum noch jemand auf der straße –unterhalten wir vier uns über radreisen, persische und iranische geschichte, die jagd, filme und was weiß ich sonst noch. Dabei merke ich oft, wie beschränkt ich mich nur ausdrücken kann in englisch. Aber auch die andren stottern oft herum, wenn sie komplexere dinge darstellen wollen. So bleibt die ganze unterhaltung doch ziemlich flach. Müde bin ich. Zum abschied sagen alle drei, sie hätten so gerne mit mir gesprochen und so viel von mir erfahren. Adnan schreibt mir tage später – ich weiß zwar nicht, worauf er sich da bezieht – die begegnung mit mir, hätte ihn manches anders sehen lassen. Dann war vielleicht doch nicht alles larifari, was wir da verzapft haben.