LAGER KRACH
Pella, 07-11-2008
Die einladung zum tee beim kamelhändler an der straße nach Irbid stimmt mich versöhnlich nach den esten unfreundlichen begegnungen in Jordanien. Welche eine freude haben diese menschen, wenn ich mich nur zu ihnen in ihr zeltlager komme, mit ihnen tee trinke und ein wenig erzähle. Hier geht das sehr einfach, weil der kamelhändler als junger mann acht jahre bei seinem onkel in Brühl gelebt hat und sehr gut deusch spricht. Über den kamelhandel weiß ich jetzt eine ganze menge.
Auf der abfahrt von Irbid hängt die kette an meinem rad wieder durch. Sie klemmt sich gefährlich ein zwischen reifen und kettenstrebe. In meinen schuhen spüre ich das vibrieren der lager. Mir fährt ein riesenschreck durch die glieder. Der freilauf blockiert. Schon wieder! Ich kriege bei 40 km/h die kette wieder frei. Es geht jetzt bergauf nach Umm Qais. Die nabe kracht viel schlimmer als damals in Albanien. Kriechöl und spray helfen nicht wirklich. Mir fehlt eine idee. Ziemlch verzweifelt muss ich so weiter fahren. Ich befürchte das schlimmste. Das schleifen und ächzen in der nabe hört sich so an, als ob auch lager kaputt wären. Bergab muss ich die füße hoch nehmen, weil ich so schnell gar nicht mit treten kann. Berghoch mach ich wirklich krach.Im dunkeln erreiche ich Umm Qais. Es gibt nur ein hotel. Ich bin ziemlich fertig. Am fahrrad arbeite ich nicht mehr. Neben dem hotel kaufe ich aubergine, zucchini, paprika, tomaten, lauchzwiebeln. Auf meinem zimmer koche ich mir nudeln. Aus dem gemüse und einem rest schmierkäse brutzele ich mir eine gemüsesoße. Von einem bier kann ich hier nur träumen. Zum glück schlafe ich wie immer gut.
Halb acht morgens besichtige ich die römischen tempelruinen oberhalb des ortes. Von hier habe ich den herrlichen blick auf den see Genezareth und die Golan-höhen. Meine laune bessert sich aber kaum. Das Rad macht mir zu viel sorgen Beim schmied lasse ich mir einen 17 er maulschlüssel so beschleifen, dass ich die kontermutter halten und von der anderen seite mit dem inbusschlüssel die hohlkachse rausdrehen kann. Als ich das geschafft habe, sehe ich das ausmaß des schadens: Die mutter ist gebrochen. Die lagerschale ist eingerissen, ein stückchen der lauffläche abgeplatzt. Ich brauche jetzt nicht nur einen neuen freilauf, denn der klemmt immer noch trotz spray und kriechöl. Ich brauche eine neue nabe. in eienm land in dem niemand rad fährt. In Irbid soll es einen radladen geben. Mit dem bus das hinterrad und mein werkzeug in der hand finde ich ihn auch. er schüttelt sofort den kopf. Er hat dafür keine ersatzteile. Ich bettele ihn an, doch wenigstens mal den schaden anzuschauen. Schließlich nimmt er die hohlachse raus, sucht die längste und dickste vollachse aus, die er im laden hat nimmt neue kugeln und baut mir die achse die defekte nabe ein. Sie läuft gar nicht mal so schlecht. Er ist nicht zufrieden. Gibt mir gleich ein tütchen neuer kugeln mit, weil er denkt, dass sie rasch heiß laufen werden. Ich bin überglücklich. ich werde damit zumindest bis Amman kommen. Da gibt’s vielleicht doch einen laden, in dem ich eine neue Shimano-nabe kriegen kann. Das umspeichen wird dann auch jemand schaffen. In Umm Quais baue ich das rad ein. Natürlich steht es nicht mittig im rahmen, weil es die achse zu einer sechsfach nabe ist. Was soll’s, die kette wechsele ich ohnehin bald wieder. Die schaltung kann ich so einstrellen, dass sie funktioniert. Ich kann wieder weiter.
13 km runter ins fruchtbare tal des Jordan. Bis in die nähe des dreiländerecks Jordanien, Syrien, Israel – hier offiziell Palästina genannt. Alle 500 bis 1000 m ein checkpoint. Jedesmal passkontrolle. Jedesmal die ermahnung: keine fotos! Dabei würde ich so gerne die vielen wachtposten, die gesperrten straßen, die abgerissenen brücken fotografieren– wie an der zonengrenze früher. Aber auch die palmen, steinobst- und bananen-plantagen. Den Jordan selbst kriege ich nicht zu sehen. Selbst an der Hussein-brücke nicht. Weil ich nicht nach Israel einreisen will, muss ich am chekpoint umkehren.