GOLD CAPITAL
Muscat, 24. 12. 2009
Überall männer in weiß. In blütenreinen weißen langen gewändern – Dishdashas. Weiße baumwolle, ohne kragen, einfach rund geschlossen am hals mittels reißverschluss. Stets fleckenlos sauber, frisch gewaschen, gestärkt und faltenlos gebügelt, mit exakten kniffen über schultern und ärmel. Manchmal sehe ich ein zartgelbes oder hellbeiges männerkleid, in den bergdörfern auch dunkle, gestreifte, ab und zu auch glänzend schwarze gewänder.
Auf dem kopf tragen die meisten männer Kumma, ein traditionell weißes, meist beige bestickte randlose hütchen. Viele tragen auch ein kunstvoll geknotetes, dezent gefärbtes tuch, Mattar genannt. Die füße stecken immer ohne socken in sandalen. Sehr gepflegt sehen sie aus – die omanischen männer. Ob jung oder alt, ob hinter einem schalter, dem lenkrad oder vor dem ‚coffee shop‘.
Nur straßenkehrer, müllmänner und bauarbeiter tragen arbeitskleidung, jeans oder blaue overalls, dazu sicherheitswesten und schulterlange kopftücher unter den schutzhelmen. Sie sind nicht omanischer abstammung. Hilfsarbeiten, – putzen, bedienen, entsorgen – erledigen Pakistani, Inder und Philippinos zu immer noch niedrigen stundenlöhnen, obwohl lebensmittelpreise und mieten extrem gestiegen sind, wie unsere vermieterin erzählt. In kompaniestärke sehe ich sie blumen pflanzen und wässern, hecken schneiden, unkraut jäten. Straßen, ja autobahnen fegen sie mit einfachen palmwedeln. Sogar an laternenpfählen wischen sie staub.
Auch in kleinen klassischen handwerksbetrieben – schuster, schreiner, schneider – sind meist gastarbeiter vom indischen subkontinent beschäftigt, die für wenig geld ihre arbeit anbieten.
Elvira bezahlt für einen maßgeschneiderten hosenanzug aus seide dem schneider 4 OR. Für umgerechnet also 8 € arbeitslohn kann sie am nächsten tag das zweiteilige handwerklich einwandfrei gearbeitete kostüm abholen.
Der wechsel vom dreckigen, chaotischen Kairo in dieses saubere, geordnete Muscat kommt einem kulturschock nahe. Zumindest vordergründig ist die stadt strahlend sauber, grün und blühend. Nur in den hinterhöfen und gassen des engen Muttrah und im arme-leute- viertel von Ruwi entdecke ich unaufgeräumten schutt und müll.
Einen stadtkern gibt’s nicht. Elf über sich hinaus gewachsene dörfer sind auf anordnung des sultans zu modernen stadtteilen umgestaltet und per autobahnen mit einander zur ‚Capital Area‘ verbunden. Überall in der hauptstadt warten ähnliche einkaufszentren auf kunden. Je größer und prunkvoller umso mehr beworben, aber doch seelenlos und vorwiegend von ausländern besucht.
Englisch spricht hier fast jeder. Jede werbung, jeder hinweis, jede speisekarte ist zumindest auch, oft aber ausschließlich in englisch verfasst. Überall leuchtreklame, riesige werbetafeln. Straßen, auch alle autobahnen sind hell erleuchtet. Öffentliche, meist orientalisch aufgemachte gebäude, geschmacklose, neoklassische springbrunnen, überladene skulpturen und künstliche wasserfälle leuchten tagsüber in bunten oder goldenen farben. Abends erstrahlen sie dann noch in farbigem licht.
Kitsch, golden glitzender orientalischer kitsch überall – an villen, moscheen, autohäusern, hotels und einkaufszentren. Muscat, ein wachsendes orientalisch aufgemachtes Shoppingcenter.