EINZEL FAHRER
Markus ist ziemlich geschafft, als er mit Martin am montag abends gegen halb sieben auf dem vereinbarten campingplatz kurz hinter Dubrovnik ankommt. Martin kann an seinem tacho ablesen, dass sie heute über 130 km und über 1200 höhenmeter gemacht haben. Bei über 35 grad im schatten ist das vor allem für Markus extrem viel. Er ist der schwächere radfahrer, schleppt aber das dreifache des gewichts, weil Martin ja nur kleines urlaubsgepäck mit hat.
Die beiden haben – bis auf den abstecher nach Mostar und Medugorje – nahezu die gleiche strecke in 11 tagen zurück gelegt, für die ich einschließlich ruhetag 16 gebraucht habe. Markus spürt man die strapazen der reise gut an. Er will auch unbedingt eine größere pause einlegen, wenn Martin morgen nach hause geflogen ist. Am wochenende kommt seine freundin nach Dubrovnik. Er wird erst am 02. 09. weiter fahren.
Ich hatte jetzt drei tage pause und will weiter. Markus kann das verstehen, obwohl wir beide gerade durch Albanien gerne zusammen geradelt wären, weil uns beiden dieses land nicht ganz geheuer ist – wahrscheinlich in folge irgendwelcher tendenzieller berichte und daraus entwickelter vorurteile.
Klar ist, dass viele Albaner noch besonders arm sind. Unklar, ob sich daraus ein höheres sicherheitsrisiko für (rad-)touristen ableiten lässt. Im radreise-forum hat ein Benny seine Albanien-passage ziemlich genau beschrieben. Von übergriffen, anfeindungen oder erhöhten risiken hat er nichts erzählt.
Also fahre ich heute wieder alleine los. Ehrlich gesagt gar nicht so ungern. Aber das war mir schon immer bewusst: Ich bin ein solist auf dem rad und wahrscheinlich nicht nur dort.
Als einzelfahrer hast du zwar immer die nase im wind, aber du bestimmst die abfahrszeit, die route, das tempo, die pausenzeiten und den etappenort. Niemand redet dir rein. Du bist dein eigener kapitän!
Klar werde ich mit Markus große teile der Seidenroute zusammen radeln. Er ist auch ein prima kumpel, mit dem das bestimmt ohne probleme abläuft. Aber auch er hat seine route im kopf, seinen zeitplan und seine fixpunkte. Davon weicht er nicht ab.
Heute morgen haben wir anhand der karten noch mal die strecke durch Albanien besprochen. Ich habe eine kürzere, eine evt. auch einfachere vorgeschlagen. Aber Markus bleibt bei seinem plan, den Ohridzko see -sicherlich ein landschaftlicher höhepunkt Albaniens – auf der nordseite zu umfahren, um dann erst auf der griechischen seite ca. 200 km südwärts zu radeln, weil er die Meteoraklöster sehen will.
Das will ich auch. Aber ich werde nicht beides sehen können. Schließlich ist es mir auch wichtig, rechtzeitig zum eintreffen von Elvira und Sara in Istanbul zu sein. Das wäre der oberhammer: Ich bleibe jetzt bei Markus in Dubrovnik, weil seine freundin kommt und er sich ausruhen muss. Dann fahren wir seine lange und schwierige strecke durch Albanien und Griechenland. In Istanbul kommen wir dadurch erst ende september an, wenn Sara und Elvira schon wieder nach hause sind. Seine freundin, landet auch dort wieder zwei tage nach Sara. Für Markus käme das also auch dann noch hin.
Natürlich habe ich mich, als ich von Markus hörte , dass er sieben tage pause machen will, lange gefragt, ob überhaupt eine basis für eine gemeinsame radreise besteht. Schließlich muss ich einfach eingestehen, dass unser beider sicherheits-bedürfnis so groß ist, dass wir nicht alleine per rad durch länder wie Syrien, Iran oder die ‚Stan‘-staaten reisen möchten. Für Albanien galt das bis heute in abgeschwächter weise auch. Nun machen wir es doch alleine. Vielleicht erwächst daraus die erfahrung, auch andere ‚risiko‘-länder alleine durchradeln zu können.
Lange habe ich mich unwohl gefühlt, weil ich der jenige bin, der alleine weiterfährt, obwohl wir ab hier gemeinsam radeln wollten. Aber von einer pausenwoche in Dubrovnik war nie die rede. Nur von einem wochenende.
Mir jetzt eigensinn, fehlende flexibilität oder sturheit vorzuwerfen, – was Markus eh nicht tut – halte ich für ungerecht. Unsere zeitpläne sind nicht optimal abgestimmt. Markus sagt mir zu, dass auch er schon am 20. september in Istanbul sein möchte. Also müsste er mich in Griechenland oder auf dem türkischen teilstück vor Istanbul einholen. Ich will und kann ja auch nur gemütlich durch diese gebirgigen regionen bewegen. Vielleicht kommen wir einzelfahrer ja doch irgend wann zusammen. Aus der not heraus vielleicht.